Zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes: seine heutige Bedeutung
Kürzlich, nämlich im Mai 2024, hat das Grundgesetz seinen 75. Geburtstag gefeiert. Im Grundgesetz sind unsere wichtigsten Regeln und Werte verankert, darunter zum Beispiel die Menschenwürde, die Freiheit und die Gleichheit aller Menschen. Aber ist das Gesetzbuch so viele Jahre nach seiner Verkündung überhaupt noch zeitgemäß? Was ist seine heutige Bedeutung? Wie stehen die Deutschen zu ihrer Verfassung? Und wie können wir die Grundrechte gegen antidemokratische Tendenzen verteidigen?
Inhalt
Auch nach 75 Jahren noch aktuell
Zwölf Jahre Nationalsozialismus und die damit verbundenen Gräueltaten haben eine Parole entstehen lassen, die auch heute noch oft wiederholt wird: „Nie wieder“. Es sollte nie wieder passieren, dass der Staat, bestimmte Gruppen oder einzelne Menschen andere in einer derartigen Form diskriminieren, verfolgen und systematisch töten können.
Aber wie lässt sich vermeiden, dass die grausamen Taten von damals vergessen werden? Und wie lässt sich verhindern, dass sich so etwas wiederholt? Um das zu gewährleisten, wurde im Mai 1949 das Grundgesetz formuliert und niedergeschrieben.
Es sollte und soll alle Menschen in Deutschland vor Ungerechtigkeit, Willkür und Gewalt durch den Staat oder andere Gruppierungen schützen. Wer sich in seinen Grundrechten, zum Beispiel in seiner Menschenwürde oder seiner Meinungsfreiheit, verletzt fühlt, kann vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Die Richter prüfen daraufhin, ob tatsächlich ein Verstoß vorliegt, und urteilen entsprechend.
75 Jahre nach seiner Verkündung ist das Grundgesetz noch immer aktuell. Das Bundesverfassungsgericht findet auch zu Fragestellungen unserer Zeit regelmäßig sachbezogene Auslegungen, so zum Beispiel, wenn es um Themen wie Einschränkungen wegen Corona, Schwangerschaftsabbrüche oder Sterbehilfe geht.
Gerade im digitalen Zeitalter, wo sich Meinungsäußerungen über die sozialen Medien immer schneller verbreiten, spielen die Grundrechte eine Rolle.
Wenn etwa Inhalte gelöscht oder Accounts gesperrt werden, geht es oft um Aspekte wie die Meinungsfreiheit, die Informationsfreiheit, das Persönlichkeitsrecht oder die Kunstfreiheit. Insbesondere mit Blick auf die Grundrechte ist das Grundgesetz also alles andere als veraltet.
Befürworter und Kritiker
Eine Studie des Forschungscenters MIDEM an der TU Dresden hat ergeben, dass die Mehrheit der Deutschen das Grundgesetz für wichtig und zeitgemäß hält. 81 Prozent der Befragten gaben an, dass sich das Grundgesetz ihrer Meinung nach bewährt hat.
Damit zeigt die Studie, dass die Verfassung nach wie vor eine wichtige Säule unserer Demokratie ist. Interessant dabei war, dass das Urteil umso positiver ausfiel, je älter, gebildeter oder politisch interessierter die Befragten waren.
Gleichwohl gibt es natürlich auch kritische Stimmen. 17 Prozent der Befragten sehen die festgeschriebenen Leitlinien skeptisch, 15 Prozent würden sogar eine Überarbeitung der gesamten Verfassung begrüßen. Die größte Zustimmung dafür fand sich an den politischen Rändern.
Solche verfassungskritischen Tendenzen rufen dann wieder Ängste in anderen Teilen der Bevölkerung hervor. Umfragen zeigen, dass über die Hälfte der Deutschen die Demokratie in Gefahr sieht. Andererseits ist die Bereitschaft, aktiv für die Verfassung einzutreten und die Grundrechte zu verteidigen, sehr hoch.
Diese Bereitschaft ist für die Demokratie auch unverzichtbar. Denn allein aus sich heraus kann das Grundgesetz wenig ausrichten.
Das wird in einigen autokratischen Staaten deutlich. In deren Verfassungen sind zwar formal Grundrechte verankert. Doch in der Praxis wird ihre Ausübung durch Verbotsgesetze, das Untergraben der Gewaltenteilung und ähnliche Maßnahmen stark eingeschränkt oder sogar unmöglich gemacht.
Eine unvorhersehbare Erfolgsgeschichte
Als anfänglich über die neue Verfassung für Deutschland diskutiert wurde, wurde immer betont, dass das Grundgesetz nur ein Provisorium sein sollte. Die Mütter und Väter der Verfassung stellten sich vor, dass das Grundgesetz nur für eine Übergangszeit gültig sein sollte, bis Deutschland hoffentlich wiedervereinigt werden würde.
Tatsächlich war die Verfassung aber nie nur ein reines Provisorium. Es schuf von Anfang an eine voll funktionsfähige Staatlichkeit und Werteordnung. Mit dem ersten Artikel „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ legte es gleich zum Einstieg eine klare Ausrichtung der Werte fest.
Gleichzeitig distanzierte sich die Verfassung von einer zentralistischen Idee in jeglicher Form und legte damit den Grundstein für unsere föderale Struktur.
Überlegenswerte Anpassungen
Wir erleben eine Zeit voller Krisen, innerstaatlich, auf europäischer Ebene und weltweit. Bislang haben wir die Herausforderungen zwar ganz gut bewältigt. Aber die vielen Konflikte und Streitigkeiten kosten Vertrauen in die Politik.
Die Idee der Demokratie und einer weltoffenen Gesellschaft wird zunehmend infrage gestellt. Andererseits haben wir mit dem Grundgesetz ein starkes Instrument, das es uns ermöglicht, mit rechtsstaatlichen Mitteln für eine freiheitlich demokratische Grundordnung einzustehen.
Es gibt Staatsanwaltschaften mit Schwerpunkten und spezielle Stellen bei der Polizei, die sich mit Hassreden, Antisemitismus und ähnlichen Dingen befassen. Die Verfolgung entsprechender Straftaten kann der Rechtsstaat mit dem Grundgesetz als Basis leisten.
Trotzdem ist die Politik gefragt, die Werte aus der Verfassung regelmäßig zu vermitteln und zu erklären. Leider gelingt es nicht immer, dieses Vertrauen zu schaffen.
Aber auch das Grundgesetz ist nicht perfekt und könnte durchaus an der einen oder anderen Stelle an die Anforderungen der heutigen Zeit angepasst werden. Ein Beispiel dafür ist, dass das Bundesverfassungsgericht im Grundgesetz nur in Ansätzen geregelt ist.
Dadurch besteht die Gefahr, dass einzelne, verfassungskritische Parteien die Wahl der Richter:innen und damit die ganze Arbeit des Gerichts blockieren. Zu überlegen wäre deshalb, ob das Grundgesetz durch Sicherungsmechanismen erweitert werden kann, die die Arbeitsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts gewährleisten.
Ein anderer Punkt ist unser Bestreben, möglichst immer alle Belange zu berücksichtigen. Im Ergebnis sind Entscheidungen mitunter sehr langwierig. Daher könnte ein Ansatz sein, bestimmte Wertvorstellungen im Grundgesetz zu verstärken. Würde zum Beispiel dem Klimaschutz im Grundgesetz Priorität eingeräumt, wären schnellere Entscheidungen möglich.
Uns muss klar sein, dass sich die Auslegung der Grundrechte verändert. So wie sich die Gesellschaft wandelt, ist auch die Verfassung dynamisch.
Das ist ganz normal. Trotzdem schafft das Grundgesetz eine stabile, zuverlässige, liberale, demokratische und rechtsstaatliche Ordnung. Durch die Grundrechte schafft unsere Verfassung das Fundament für ein friedliches und pluralistisches Zusammenleben in Freiheit. Darauf sollten wir stolz sein.
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